Kommunalforum 2011
Im Dreiklang zwischen Wirtschaft, Kommunen und Sparkassen erfolgreich agieren
Von Katrin Lebherz
Mehr als 600 Vertreter von Sparkassen, Kommunen und Unternehmen kamen am 19. Oktober zum Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe in das Kongresszentrum nach Baden-Baden. Unter dem Motto "Standortfaktor Mittelstand: Die kleinen Großen - und deren noch größere Bedeutung für die Kommunen" wurde in einzelnen Vorträgen, Impulsreferaten und Podiumsdiskussionen über die Dreiecksbeziehung zwischen Kreditinstituten, Mittelstand und Kommunen diskutiert.
Sparkassenpräsident Peter Schneider stellte gleich zu Beginn die enge Beziehung zu den Kommunen im Land dar - drei von vier Kommunalkrediten stammen von der Sparkassen-Finanzgruppe. Zugleich verwies Schneider auf die große Unterstützung des Mittelstandes: Während die meisten anderen Banken ihre Kreditvergabe zuletzt massiv einschränkten, haben die Sparkassen ihre Kredite für den Mittelstand deutlich ausgebaut. "Vor allem unsere Dezentralität und unsere Möglichkeit, vor Ort direkt mit dem Unternehmer über Lösungen zu sprechen, zeichnet die Sparkassen-Finanzgruppe aus. Unsere Sparkassen kennen die wirtschaftlichen Gegebenheiten und entscheiden unabhängig. Das kommt insbesondere dem Mittelstand zugute", so Schneider.
Der Sparkassenpräsident machte gleichzeitig deutlich, dass er mit Sorge in die Zukunft blickt. Gerade die aktuelle Diskussion über den Euro-Rettungsschirm geht am eigentlichen Problem vorbei. "Man will aus einer Staatsschuldenkrise eine Bankenkrise machen - das darf nicht sein und ist hochgefährlich", so Schneider. Wirkliche Lösungen seien nur durch eine konsequente Haushaltskonsolidierung der einzelnen Länder und nicht durch eine Zwangskapitalisierung der Banken möglich.
Baden-Württembergs Minister für Finanzen und Wirtschaft, Dr. Nils Schmid, begrüßte das gemeinsame Vorgehen der EU hinsichtlich der aktuellen Finanzkrise, pflichtete Schneider aber bei, dass das eigentliche Problem "an den Wurzeln, und damit in den Länderhaushalten, gepackt werden müsse". Klare Worte fand der Wirtschaftsminister zu Basel III: "Dies darf nicht zu Lasten des Mittelstandes gehen", so Schmid. Deshalb fordere er bei der konkreten Umsetzung einen einheitlichen Zeitplan und individuelle Spielräume für jedes Land. "Wir benötigen diesen Spielraum, um Rücksicht auf das bewährte dreigliedrige Bankensystem nehmen zu können", so Schmid. Gerade in Baden-Württemberg habe sich in vergangenen Krisen gezeigt, dass dieses System für Stabilität sorge und vor allem auch der dezentrale Ansatz der Sparkassen für die mittleren und kleinen Unternehmen vor Ort von großer Bedeutung sei.
Der Wirtschaftsminister nannte zwei Herausforderungen, die im Laufe des Kommunalforums immer wieder angesprochen und diskutiert wurden: der bevorstehende Fachkräftemangel und die notwendige Verkehrsinfrastruktur im Land. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, arbeite er derzeit an einer Allianz aus unterschiedlichen Partnern und Vereinigungen, die im Dezember öffentlich vorgestellt werde. Ziel sei es, gemeinsam gegen den Fachkräftemangel vorzugehen und hochqualifizierte Menschen in Baden-Württemberg zu halten. Schmid unterstrich zudem die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für die Wirtschaft im Land. Er werde daher gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten klare Forderungen beim Bund für Bundesstraßen und Autobahnen stellen. Zugleich betonte Schmid die Bedeutung des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm, das "eine wichtige Weichenstellung, gerade auch für die Wirtschaft in Baden-Württemberg" darstelle.
Eine bessere Unterstützung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur fordert auch der Vorstandsvorsitzende des Traditionsunternehmen WMF, Thorsten Klapproth. Er positionierte sich klar für den Standort in Geislingen, zeigte jedoch auch die Schwierigkeiten auf, die die nur einspurig ausgebaute B 10 tagtäglich für seinen Betrieb mit sich bringt. "Für die Attraktivität des Standortes sind dies wesentliche Faktoren, die seitens der Politik und der Kommunen nicht außer acht gelassen werden dürfen", so Klapproth. WMF sei eng verbunden mit Geislingen, das zeichne das Unternehmen aus. "Wir glauben, dass unser Standort ein Wettbewerbsvorteil ist. Unsere Tradition und die damit einhergehende Qualität bringt die notwendige Differenzierung zu anderen Produkten mit sich."
Um den Standort weiterhin attraktiv zu gestalten, geht WMF aktiv gegen den Fachkräftemangel vor. So richtet das Unternehmen derzeit einen Stiftungslehrstuhl "Nachhaltiges Produktmanagement" an der Hochschule Nürtingen/Geislingen ein und versucht zudem, auf verschiedene Weise mit anderen Institutionen und der Kommune zusammenzuarbeiten. So haben beispielsweise Studenten der Hochschule sowie Schüler die Möglichkeit, in der Betriebskantine zu essen - auch das ist für Klapproth eine nachhaltige Form der Standortsicherung.
Zur Standortsicherung - da waren sich alle Mitwirkenden beim Kommunalforum einig - gehört auch der Ausbau der Kinderbetreuung. Gerade für kleinere mittelständische Unternehmen lohne sich eine eigene Kita nicht, hier müssten andere Wege gefunden werden, so der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Roger Kehle. "Hier muss sich auch die Wirtschaft deutlich mehr als bisher einbringen. Nur dann kann man sinnvolle und an den Bedürfnissen orientierte Betreuungsmöglichkeiten realisieren." Der Landrat des Landkreises Böblingen, Roland Bernhard, sieht jedoch vor allem das Land in der Pflicht, seinen finanziellen Leistungen hinsichtlich der Kinderbetreuung nachzukommen. "Wir benötigen dringend dieses Geld, um die Betreuung vor Ort ausbauen und damit den Unternehmen und deren Mitarbeitern gute Angebote offerieren zu können."
Der Geschäftsführer der Eberspächer GmbH und Co KG, Martin Peters, "vermisst im Gegenzug bei Kommunen - bei aller Unterstützung - oftmals ein gewisses Verständnis, welche Nöte und Bedürfnisse die Unternehmen tatsächlich haben." Eine zu große Bürokratie, beispielsweise bei Verordnungen von Plakaten oder Werbetafeln, sieht auch der Geschäftsführende Gesellschafter des Autohauses Karl Russ, Stefan Russ: "Ich würde mir wünschen, wir könnten manchmal schneller und flexibler unsere Ideen umsetzen." Gerade um die verschiedenen Sichtweisen zwischen Wirtschaft und Kommunen zu verbessern, bedarf es aus Sicht von Dr. Bernd Dallmann deutlich mehr Wirtschaftsförderungen in den einzelnen Kommunen. Der Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft, Touristik und Messe GmbH, forderte die Kommunalvertreter auf, die Belange der Wirtschaft ernst zu nehmen und dies auch durch kompetente und ausgebildete Vermittler in ihren Verwaltungen zu dokumentieren.
Eine weitere Achse im erfolgreichen Miteinander bilden aus Sicht von Franz Scholz die Sparkassen. Der Vorstandsvorsitzende der Kreisparkasse Esslingen-Nürtingen sieht es als eine Aufgabe der Sparkassen an, Kommunen und Wirtschaft in ihren Ideen zu unterstützen und damit den jeweiligen Standort attraktiv zu gestalten. "Wir können durch unser Netzwerk Personen und Projekte zusammenbringen und so einen erfolgreichen Dreiklang zwischen Wirtschaft, Kommunen und Sparkassen ermöglichen", so Scholz. Ein wesentlicher Vorteil der Sparkassen sei dabei die Dezentralität - was auch Dr. Christoph Gögler, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Tübingen, bestätigt: "Wir sprechen auf Augenhöhe mit unseren Unternehmern und gehen vor Ort. Dadurch kennen wir die Probleme und können schneller und flexibler reagieren."
Deutlich schwieriger sei es heute, selbstständig zu agieren, so Wilfried Ensinger, der vor 45 Jahren die Ensinger GmbH gründete und seither die Firma zu einem Familienunternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern ausgebaut hat. Das Kapital eines Unternehmens seien gute Mitarbeiter, die man ernst nehmen und täglich fordern und fördern müsse, so Ensinger. Der Träger des Gründerpreises ser Sparkassen-Finanzgruppe für sein Lebenswerk machte im Hinblick auf die aktuelle Finanzkrise eines abschließend deutlich: "Krisen müssen so akzeptiert werden, wie sie sind - wichtig ist, dass man das Beste daraus macht."