Sparkassenpräsident Dr. Matthias Neth: „Ausreichenden, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen ist eine der zentralen gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben“

Kommunaler Wohnungsbau als Schlüsselfaktor gegen Wohnungskrise

Beim diesjährigen Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg stand der kommunale Wohnungsbau als zentraler Stabilisierungsfaktor in Städten und Gemeinden im Fokus. Unter dem Titel „Kommunaler Wohnungsbau als Stabilitätsanker in Kommunen und Regionen“ wurden drängende Fragen zur Wohnungsbaupolitik und zur Rolle der Kommunen intensiv diskutiert.

Pressemitteilung

Dr. Matthias Neth, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, unterstrich in seiner Eröffnungsrede die Dringlichkeit der Thematik: „Wohnen, ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein Grundbedürfnis. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat sich zu einer der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit entwickelt. In Deutschland fehlen 700.000 bis 800.000 Wohnungen, besonders in Ballungsräumen.“ Neth sieht in der Schaffung von ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum eine zentrale Zukunftsaufgabe, vergleichbar mit der Bewältigung der großen Umbrüche unserer Zeit: der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, der Digitalisierung, der Behebung des Arbeitskräftemangels bedingt durch die demografische Entwicklung. Die Schaffung von ausreichend Wohnraum ist dabei eng verknüpft mit diesen Herausforderungen.

Neth hob die zentrale Rolle der Sparkassen im Rahmen der Wohnraumfinanzierung hervor: „Mit einem Wohnbaukreditvolumen von 90 Milliarden Euro stehen wir als Immobilienfinanzierer Nummer eins in Baden-Württemberg bereit, Kommunen und private Immobilienbesitzer zu unterstützen.“

Christiane Varga, Soziologin am Zukunftsinstitut und Lehrbeauftragte an der FH Joanneum in Graz, betonte in ihrem Vortrag die ganzheitliche Betrachtung des Wohnraums: „Wir sollten in Zukunft häufiger von Lebens- anstatt von Wohnraum sprechen. Dabei ist es wichtig, Lebensräume neu zu denken. Wir brauchen neue, kreative Wohnkonzepte, um mit der Lebensführung im 21. Jahrhundert Schritt halten zu können. In Zeiten des Umbruchs ist Silo-Denken passé. Um mit einer komplexen Zukunft umgehen zu können lautet das Gebot der Stunde ‚Kooperation‘. Das stellt neue Anforderungen an die Immobilienwirtschaft, an die Kommunen und an die Politik, an regionale Unternehmen und nicht zuletzt an die Bürgerinnen und Bürger selbst.“

Der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Steffen Jäger, plädierte für größeren kommunalen Spielraum bei der Bewältigung dieser Aufgabe: „Das Gestalten einer zukunftsfähigen Welt von morgen lässt sich nicht mit Flächenbegrenzung, zu engen Kategorien und unflexiblen Dichtewerte erreichen. Zukunftsgestaltung braucht Fläche und Werkzeuge sowie klares Vertrauen in die Städte und Gemeinden. Wir stehen auch in Baden-Württemberg vor immensen Transformationsherausforderungen. Die gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben unserer Zeit – Energiewende, Wohnraum und Mobilitätswende, demografischer Wandel, gleichwertige Lebensverhältnisse, die Bewältigung der Klimakrise, Klimaanpassung und soziale Teilhabe – erfordern Raum und werden sich zwangsläufig auch auf die Flächennutzung auswirken. Es gehört zum Erfolgsrezept des Landes Baden-Württemberg, dass Wirtschaft, Zivilgesellschaft und öffentliche Hand immer mit dem Fokus auf die Gesamtgesellschaft, das Gelingen der Daseinsvorsorge und die Stärke des Gemeinwesens handeln. Die Leitlinie dabei ist die Verantwortung für Mensch und Natur und getragen von der Überzeugung, nur mit dem erforderlichen kommunalen Spielraum dafür eine gute und ausgewogene Zukunftsgestaltung zu ermöglichen.“

Für ein neues Mindset sprach sich Ralf Broß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, aus: „Viele Städte in Baden-Württemberg sehen sich mit steigenden Baukosten, sinkender Bautätigkeit und einem wachsenden Wohnraummangel konfrontiert. Die Zahl der Bauprojekte und Baugenehmigungen nimmt dramatisch ab. Es fehlt an Geld und Handlungsfreiheit, da staatliche Vorgaben und Regelungen den Städten oft keinen Spielraum lassen. Um den Wohnungsbau und andere Probleme effektiv zu lösen, brauchen wir ein neues Mindset: mehr Freiraum für lokale Lösungen und auch für Experimente, anstatt immer wieder allein auf traditionelle Steuerungsmechanismen zu setzen. Ein städtebauliches Experimentierfeld für ein Wohnquartier ohne strikte Bau- und Planungsvorgaben könnte eine innovative Antwort auf den Wohnraummangel sein. Wir haben Städte in Baden-Württemberg, die bereit sind, an dieser Idee mitzuwirken.“ 

„Der kommunale Wohnungsbau der Zukunft kommt ohne Bauen aus“, postulierte der Wohnwendeökonom Dr. Daniel Fuhrhop. Aus seiner Sicht sollen die Kommunen stattdessen „unsichtbaren Wohnraum“ aus leerstehenden ehemaligen Kinderzimmern und Einliegerwohnungen mobilisieren. „So schaffen sie bezahlbare Wohnungen, schonen das Klima und helfen gegen Einsamkeit im Alter.“

In Bezug auf Nachverdichtung sollten wir über die klassischen Methoden, wie Aufstockung oder Baulücken schließen hinausdenken und einen viel kreativeren Blick auf mögliche Flächenpotenziale in der Stadt entwickeln,“ forderte Prof. Dipl. Ing. Dita Leyh, Professorin Fachbereich Architektur an der Hochschule Darmstadt. „Die Stadt hat viel mehr Flächenpotenziale für Wohnungsbau als uns bewusst ist. Wir müssen aber einen kreativeren und mutigeren Ansatz in Bezug auf Nachverdichtung entwickeln.“

In Deutschland sind rund zehn Prozent des Mietwohnungsbestandes in kommunaler Hand. Vor rund 100 Jahren, nach dem ersten Weltkrieg, war die Geburtsstunde des kommunalen Wohnungsbaus. Welchen Beitrag der kommunale Wohnungsbau leisten kann, um die Lücke auf dem Wohnungsmarkt zu schließen, darüber tauschten sich beim Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe in Baden-Baden mehr als 400 Vertreterinnen und Vertreter aus Städten, Kreisen und Gemeinden, von den 50 Sparkassen in Baden-Württemberg und ihren Verbundunternehmen aus. Das Kommunalforum bot damit eine wichtige Plattform für den Austausch zwischen kommunalen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Sparkassen-Finanzgruppe. Durch praxisnahe Vorträge und Podiumsdiskussionen wurden Lösungsansätze erörtert, die nicht nur auf lokaler Ebene, sondern auch im bundesweiten Kontext Impulse für eine nachhaltige und gerechte Wohnraumpolitik setzen können.

Desweiteren sprechen und diskutieren beim Kommunalforum der Bürgermeister der Gemeinde Burgrieden, Frank Högerle, der Oberbürgermeister der Stadt Aalen, Frederick Brütting, der erste Beigeordneter der Stadt Weil der Stadt, Jürgen Katz. 

Das Kommunalforum der Sparkassen-Finanzgruppe wird live im Internet übertragen unter https://www.youtube.com/live/WSIGLm7HeoQ?feature=shared.

Über den Sparkassen-Verband Baden-Württemberg:

Der Sparkassenverband Baden-Württemberg (SVBW) fördert das öffentliche Sparkassenwesen und die Zusammenarbeit innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe. Er stärkt die Position der 50 baden-württembergischen Mitgliedssparkassen als Dienstleister für ihre Kunden und verbessert gemeinsam mit den Sparkassen deren Service- und Produktangebote.

Der SVBW unterstützt die Sparkassen bei der Ausrichtung auf veränderte Rahmenbedingungen und ermöglicht den gemeinschaftlichen öffentlichen Auftritt mit den Verbundunternehmen. Er bietet ein umfangreiches Aus- und Fortbildungsprogramm für Sparkassenmitarbeiter in der Sparkassenakademie Baden-Württemberg. Außerdem prüft der Verband die baden-württembergischen Sparkassen und ihre Tochtergesellschaften über seine Prüfungsstelle. Der SVBW unterhält zur Klärung und Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedssparkassen und deren Kunden eine Schlichtungsstelle. Ferner berät der Verband die Rechtsaufsichtsbehörden der Sparkassen und steht in engem Kontakt zum Landtag, der Landesregierung von Baden-Württemberg und den zuständigen Ministerien sowie zu anderen Verbänden und Institutionen. 

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